Robert Oltay: WACHSEN
Arbeiten auf Papier
Ausstellung im Botanischen Garten Linz
WACHSEN – einige Gedanken von Robert Oltay:
Wachsen ist das Gegenteil vom Schrumpfen. Der Begriff wird meist positiv besetzt, denn er steht für die Entwicklung und das Leben und somit gegen den Tod…
Die Pflanzen sind dankbare Modelle. Sie bewegen sich nur langsam – in Zeitlupe – lebende Modelle – Gewächse…
Oltay zeichnet oft vor Ort, ihm kommt es auf das direkte Erleben einer gesehenen Situation an, auf das Reagieren und Reflektieren. Die Einflüsse in und außerhalb der Gewächshäuser im Botanischen Garten sind sehr vielfältig: die Farben, der Geruch, die Umgebung. Durch genaue Beobachtung versucht Oltay in die Gesetzmäßigkeiten des scheinbaren Chaos einzudringen. Er ordnet die gesehenen Eindrücke auf seinem Papier an, erkennt die Struktur, reagiert auf sie mit Linien, Flächen, Farben, Licht und Schatten – es gibt viele gestalterische Mittel, um das Wahrgenommene zu verdeutlichen, das Archaische zu betonen und über das Bild der Netzhaut und des verarbeitenden Gehirnes mit Hilfe der Hände zu einem „neuen“ Bild zu kommen. Zu einem Urbild. Einem Bild das die Kraft der Natur vielleicht erahnen und somit die reine Abbildung einer Pflanze in einem Sachbuch weit hinter sich lässt. Ihm geht es nicht um das Abbild, sondern das Klären des Gesehenen.
Von einem oder mehreren Punkten des Blattes ausgehend, mit dem Stift oder Pinsel hin- und herreisend auf einem vorher festgelegten Stück weißer Fläche, die in dem Moment zu einer eigenen Welt mutiert und wächst. In diesem Moment hält Oltay etwas fest, um mit diesem Werk dem/der späteren BetrachterIn etwas erzählen zu können. Wie ein Zeuge, der etwas über Einmaliges mitteilt… Dieses Zeitversetzte in der Werkbetrachtung ist ein Merkmal der Zeichnung und der Malerei. Die Werke entstehen vorher, im Gegensatz zum Vortrag eines Musikstückes: die Töne, niedergeschrieben durch den Komponisten, erklingen erst im Moment der Interpretation der Vortragenden im Konzert. Das Hören ist zeitbasiert ähnlich wie die Betrachtung eines Filmes, wo sich Kader an Kader fügt. Bei der Betrachtung von Bildern ist die Dauer dieses Vorganges frei wählbar, jederzeit möglich zu unterbrechen und auch zu einem anderen Zeitpunkt fortzusetzen. Diese Freiheit macht den Besuch einer Ausstellung auch zu einem demokratischeren Vorgang, als der Besuch eines Konzertes, das man im Sessel des Konzertsaales durchhören sollte, da sich das Aufstehen nicht „gehört“ und auch in den seltensten Fällen passiert. Im Gegensatz dazu kann sich die Beziehung zum Werk auf einem Stück Papier durchaus auf einer sehr freiwilligen Basis kontinuierlich in einem inneren Dialog vertiefen – auch über Jahre.
Der Zeichner ist Komponist und Interpret in einer Person und mitunter auch Medium zur Vermittlung wunderbar entdeckter Mysterien. Die Arbeit Oltays hat durchaus etwas von Studien der Anatomie, er will immer weiter Vordringen in das Wesen eines Themas – eines Genres – aber auch in das der Malerei und der Kunst an sich, indem der Urheber etwas sichtbar macht, was vorher so nicht sichtbar war – durch ein künstlich geschaffenes modellhaftes Konstrukt, das Gleichnis – also sinnbildhaft aus der Naturbeobachtung herausgelöst worden ist. Ergebnis eines Erkenntnisvorganges, eines Philosophierens über Natur, Wachsen, Zeichnen und Malen an sich.
Ausstellungsdauer: Samstag, 28. Jänner bis Sonntag, 12. Februar 2017
Vernissage: Freitag, 27. Jänner, 18 Uhr
Begrüßung: Dr. Friedrich Schwarz, Leiter des Botanischen Gartens der Stadt Linz
Eröffnung: Dr. Julius Stieber, Kulturdirektor der Stadt Linz
Ort: Botanischer Garten Linz, Seminarraum
Öffnungszeiten: täglich von 9 - 16 Uhr
Biographie Robert Oltay (PDF | 13 KB)