Die Sukkulentensammlung
Weg durch das Sukkulentenhaus
Blick in die Kakteenausstellung.
Echinocactus grusonii, auch Schwiegermutterstuhl genannt
Cereus mortensenii
Echinocereus sp, blühend
Mammillaria geminispina
Agave parrasana
links: Agave stricta, rechts dahinter: Agave sisalana
blühende Tillandsie
Die Formenvielfalt der Kakteen begeistert.
Jene Gebiete der Erde, die durch sehr geringe Niederschläge gekennzeichnet sind, bieten dem Menschen meist nicht optimale Lebensbedingungen und sind daher nur dünn besiedelt. Viele Pflanzen haben sich an diese Bedingungen angepasst und können mit wenig Wasser ihr Auslangen finden. Diese Pflanzen entwickelten Wasser speichernde Gewebe und werden allgemein als „Sukkulenten" bezeichnet. Zu den bekanntesten zählt die Familie der Kakteengewächse, aber auch andere Familien haben sukkulente Vertreter wie z. B. Wolfsmilch-, Lilien-, Agaven-, Seidenpflanzen- und Dickblattgewächse, um nur einige zu nennen. Verschiedene Arten davon sind im Sukkulentenhaus zu sehen.
Kakteen können Trockenheit an ihren Standorten, vor allem im Boden, ertragen. Der Fachbegriff dafür heißt „Xerophyten“. Xerophytische Pflanzen können sich dauernd oder vorübergehend vor Austrocknung schützen und nehmen mit sehr langen Wurzeln das wenige Wasser aus den wasserarmen Böden auf. Nur deshalb können sie in Wüsten und Steppen, auf trockenen Felsen und als Epiphyten (Aufsitzerpflanzen) existieren. Der Anpassung an die Standorte dienen Einrichtungen zum Schutz vor Transpiration durch Umwandlung der Blätter in Blattdornen und Behaarung, die gleichzeitig Schutz vor zu starker Lichteinstrahlung und Erwärmung bieten. Den Menschen in ihrer Heimat dienen die Kakteen als Nahrung, als Heilpflanzen und für technische Zwecke.
Interessantes über Kakteen
Die Kakteen sind in mehr als 200 Gattungen und 2.000 Arten Bewohner des amerikanischen Kontinents, vom 50. Grad nördlicher bis zum 50. Grad südlicher Breite. Ihre Hauptverbreitung ist fast ausschließlich in Nord- und Südamerika, besonders in den Wüsten und Halbwüsten Mexikos, im Süden der USA und in den südamerikanischen Staaten Peru, Bolivien, Chile und Argentinien. Ihre Anpassungsfähigkeit lässt sie ein riesiges Areal besiedeln. Sie ertragen die unterschiedlichsten klimatischen Gegebenheiten genauso, wie die mannigfaltigsten Bodenverhältnisse. In Mittelchile findet man das trockenste und niederschlagärmste Gebiet, die Küstenwüste, die über Peru bis nach Südecuador reicht. Sie ist geprägt durch den kalten Humboldtstrom und durch die Anden, welche die Niederschläge abfangen. Diese Felsenwüste ist sehr pflanzenarm. Kakteen und wurzellose Tillandsien sind zu finden. Kakteen können wie Holzgewächse aussehen und vielfältig bis zu krautigen Formen mit baum-, strauch-, kugelförmigen und Zwergwuchs abgewandelt werden. Die Kakteenblüten erscheinen in fast allen Farben und auch mehrfarbig, aber auch pastellartig. Die Blüten sind meist zahlreich und können den ganzen Pflanzenkörper verhüllen. Sie sind oft in mehreren Kränzen angeordnet. Die Blütengröße schwankt von winzigen, millimetergroßen bis zu solchen mit 30-40 cm Größe. Wenn sich die Blüten älterer Pflanzen nur in begrenzten, von den vegetativen Teilen des Körpers deutlich abgesetzten Bereichen entwickeln, spricht man von Blühzonen (Cephalien), deren Stachelpolster meist dicht borstig, haarig oder wollig sind. Chilenische Kakteen blühen im Herbst und Winter, die meisten anderen im Frühjahr und Sommer, was in der Heimat der winterlichen Trockenzeit entspricht. Den Tag- und Nachtblühern stehen die wenigen Dauerblüher gegenüber.
Lichtschwankungen und -intensitäten sowie die Temperaturverhältnisse beeinflussen das Öffnen der Blüten. An trüben Tagen öffnen sich die Blüten nicht. Nachtblüher haben helle und oft duftende oder übel riechende Blüten. Tagblüher blühen einen Tag, wenn länger können sie die Blüten nachts schließen oder offen lassen. Die Blüten sind geruchlos und sehr lebhaft gefärbt. Normalerweise erfolgt Fremd- oder Kreuzbestäubung zwischen Blüten verschiedener Pflanzen, die durch Tiere, wie Insekten (Bienen, Hummeln, Wespen, Zweiflüglern u. a.), Vögel oder Fledermäuse durchgeführt wird. Blüten von Hochgebirgs- und anderen Kakteen werden von Nektarvögeln und vor allem von Kolibris angeflogen. Blüten der nachtblütigen Kakteen werden von Nachtschwärmern bestäubt. Die saftig-fleischigen, zum Teil essbaren Früchte sind beerenartige Scheinfrüchte. Unreif sind die Früchte grün, reif können sie verschiedene Farben ausbilden, häufig sind sie aber leuchtend rot gefärbt. Die Frucht kann manchmal schöner sein als die Blüte. Die Reifezeit beträgt wenige Wochen bis ein Jahr.
Im Mittelbeet des Sukkulentenhauses sind Kakteen und andere Sukkulenten ausgepflanzt und erreichen hier beachtliche Größen. Es gliedert sich in die Regionen Mexiko, Südamerika und Afrika. Auffällig ist ein als „Schwiegermutterstuhl" bezeichneter Kugelkaktus (Echinocactus grusonii), der ca. 70 Jahre alt ist. Die großen Säulenkakteen bilden durch ihren Wuchs, die Behaarung und teilweise bläulichen Wachsüberzug einen Hauptanziehungspunkt, wie Pilosocereus, Neobuxbaumia, der Felsenkaktus (Cereus peruvianus var. monstrosus), das Greisenhaupt (Oreocereus neocelsianus und Cephalocereus senilis), dessen Behaarung einen zusätzlichen Verdunstungsschutz bildet, der Heidelbeerkaktus (Myrtillocactus geometricans), dessen Früchte essbar sind und zu Marmelade verarbeitet werden. Den Kakteen im Aussehen ähnlich sind viele Vertreter der Wolfsmilchgewächse, wie die baumförmige Euphorbia desmondii und Allaudia aus Madgaskar. Dekorative Pflanzen sind auch Pachypodium geayi, Cissus juttae mit roten Früchten, die Wüstenrose (Adenium obesum), Aloe ferox, Agave filiforme, Zephyranthes-Arten, Zwiebelgewächse aus Mexiko, die Sisal-Agave (Agave sisaliana), ein baumförmiges Greiskraut aus Mexiko (Senecio praecox), der Guatemala-Rhabarber (Jatropha podagrica) sowie Idria columnaris. An einem Klettergerüst an der Wand rankt ein kletternder Kaktus empor, die berühmte „Königin der Nacht" (Selencereus grandiflorus), deren große, bis 30 cm lange, duftende Blüten sich abends für nur wenige Stunden öffnen. Zur Blütezeit hat der Botanische Garten zur „Langen Nacht der Kakteenblüte“ geöffnet. In den seitlichen Beeten werden Kakteen aus der Typpflanzensammlung der Internationalen Organisation für Sukkulentenforschung (IOS) dargestellt, zu deren Aufgabe es gehört, Samen dieser Pflanzen für die Nachzucht zu gewinnen und im Rahmen des Internationalen Samentausches den anderen Gärten zur Verfügung zu stellen. Damit wird ein Beitrag für deren Erhaltung geleistet. Die wichtigsten Gattungen sind u. a. Ariocarpus, Lophophora, Turbinicarpus, Astrophytum, Coryphana, Thelocactus, Echinofussolocactus, Melocactus, Gymnocalycium, Eriocactus, Notocactus, Sulcorebutia, Lobivia, Mediolobivia, Parodia, Echinopsis u.a. Alle Pflanzen stammen vom natürlichen Standort und stehen für wissenschaftliche Bearbeitungen zur Verfügung.
Und noch mehr Dickfleischige
Die vielfältigen Erscheinungen der Sukkulenz zeigen sich auch in Familien wie den Mittagsblumengewächsen (Aizoaceae) mit den Gattungen Conophytum und Lithops („Lebende Steine“), Faucaria, Fenestraria, Glottiphyllum. Verschiedenen Familien zugehörig sind Aloe, Gasteria, Haworthia und Xerophyllum. Zu den Dickblattgewächsen (Crassulaceae) zählen Crassula, Echeveria, Graptopetalum, Kalanchoe, zu den Seidenpflanzengewächsen (Asclepiadaceae) Cereopgia, Hoodia, Stapelia etc. Sie bringen die ungeheure Anpassungsfähigkeit der Pflanzen an extreme Standorte deutlich zum Ausdruck.
Eine Gruppe von Pflanzen, die in der Natur meist an schattigen Felsen vorkommen und tellerartige Rosetten bilden und daher als „Rosettenpflanzen" bezeichnet werden, befindet sich im Anschluss an die Typpflanzensammlung. Als ein typisches Beispiel ist Aeonium tabuliforme von den Kanarischen Inseln zu sehen, deren Rosetten bis zu 30 cm im Durchmesser erreichen. Mexikanische Vertreter sind Graptopetalum und Echeveria-Arten.
Gibt es Luftnelken?
In der Konstruktion des Gewächshauses sind auf Rebhölzern aufgebundene Pflanzen aus der Familie der Bromeliengewächse zu sehen. Sie stellen einen Teil der Tillandsien-Sammlung dar, die derzeit 320 Arten umfasst. Die deutsche Bezeichnung „Luftnelke“ ist nicht richtig, sie sollte Tillandsie lauten, benannt nach einem schwedischen Arzt und Botaniker (1640-1693).
Die Tillandsien sind hoch spezialisierte, meist epiphytische Pflanzen mit oder ohne Wurzeln, deren trichterförmige Blätter meist mit grauen oder weißen Schuppen bedeckt sind, die zur Wasseraufnahme dienen. Sie besiedeln mit mehr als 600 Arten den amerikanischen Kontinent vom südlichen Nordamerika bis Argentinien und Chile. Sie sind äußerst widerstandsfähig gegen Witterungseinflüsse und wachsen auf Bäumen, Felsen, am Sand aufliegend und auf Kakteen.