Auswirkungen der Klimaerwärmung auf die Fledermausfauna der Stadt Linz
Das Braune Langohr (Plecotus auritus) jagt in Parkanlagen und Wäldern.
Fledermausbretter als Ersatzquartier auf einer Scheune
Blick in einen Fledermauskasten
Die wilde Mondviole (Lunaria rediviva) blüht nachts.
Die Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus) versteckt sich unter abstehender Rinde.
Baumhöhlen werden von Fledermäusen als Tagesversteck genutzt.
Künstliche Fledermaushöhle
Die Wasserfledermaus (Myotis daubentonii) frisst vor allem Zuckmücken.
2022 Erstnachweis der Alpenfledermaus (Hypsugo savii) für Oberösterreich in Linz
20 Jahre nach Abschluss der letzten Kartierungen wurde die Fledermausfauna der Stadt Linz neuerlich untersucht. Dabei sollte erhoben werden, welche Fledermausarten aktuell im Stadtgebiet vorkommen, ob es Veränderungen seit den Erhebungen von 2002 und 1985–1990 gibt und wie die Vorkommen der einzelnen Arten – lokal, regional und national gesehen – zu bewerten und im Lichte der Klimaerwärmung zu interpretieren sind. Es wurde zudem Augenmerk auf die relativen Häufigkeiten und ihre Leistungen in Ökosystemen gelegt.
Die Erfassung der Fledermausfauna erfolgte mit Hilfe von akustischen Erhebungen, Netzfang, Ausflugs- bzw. Swarmingbeobachtungen (Ausschwärmen) und Quartierkontrollen. Im Zuge der akustischen Erfassung der Fledermausfauna wurde die Bevölkerung in die Erhebungen einbezogen, wodurch wichtige Informationen zum Schutz dieser Artengruppe vermittelt werden konnten. Es wurde zudem ein Merkblatt erstellt mit Informationen für Wohnbauträger und Behörden, aber auch Privatpersonen über Maßnahmen zum Fledermausschutz bei thermischen Gebäudesanierungen.
Darüber hinaus wurde ein Vektormonitoring mittels DNA-Nachweisen durchgeführt. Die sich im Zuge der Klimaerwärmung ausbreitenden Stechmückenarten, können als Vektoren (lebende Organismen als Überträger) für Krankheitserreger fungieren. Durch Nachweis jener Fledermausarten, die solche Insekten bejagen und Überprüfung ihres Kots auf Stechmücken-DNA hin, können Erkenntnisse über die Verbreitung der Stechmückenarten sowie über die Rolle von Fledermäusen als Prädatoren von „gefährlichen“ Stechmückenarten gewonnen werden.
Vielfalt an Fledermäusen
Von den mittlerweile 29 (31 Arten, zwei Arten nur als Einzelnachweise – Stand 2024) in Österreich nachgewiesenen Fledermausarten, konnten insgesamt 19 Arten auch für Linz belegt werden. 18 Arten waren es in den Jahren 2022–2023, 11 Arten im Jahr 2002. Die Zweifarbfledermaus (Vespertilio murinus) konnte bei der neuesten Untersuchung nicht gefunden werden.
Die meisten Arten konnten mittels des Netzfangs unter Verwendung von Japannetzen (Spezialnetze für wissenschaftlichen Vogel- oder Fledermausfang) registriert werden. Obwohl nur an 16 Standorten Fangaktionen durchgeführt wurden, konnten 15 Arten bestätigt werden. Mit Hilfe von Ultraschalldetektoren, sogenannten Batcordern (akustische Methode) – konnten 14 Fledermausarten an 89 Standorten nachgewiesen werden. Bei den sechs Quartierkontrollen von Dachböden in kirchlichen Gebäuden konnte eine Wochenstube (Weibchengruppen mit Jungtieren) Grauer Langohren (Plecotus austriacus) in der Pöstlingbergkirche und ein Sommerquartier (Vorkommen einzelner Fledermäuse) einer mittelgroßen Fledermausart (Spannweite 25–29 cm) in der Kirche St. Magdalena protokolliert werden.
Im Zuge der elf frühmorgendlichen Swarmingbeobachtungen konnten zwei Wochenstubenquartiere des Artenpaars Weißrand-/Rauhautfledermaus (Pipistrellus kuhlii / Pipistrellus nathusii) in Urfahr entdeckt werden. Die beiden Arten sind ohne die Aufnahme von Soziallauten akustisch nicht zu unterscheiden. Zusätzlich wurden zwei Sommerquartiere festgestellt. Diese Fledermausquartiere befinden sich nicht in Dachböden, sondern in Spalten zwischen Mauer und Dachverkleidung. Durch 22 abendliche Ausflugsbeobachtungen konnten noch drei weitere Wochenstuben im Franckviertel, im Spallerhof und im Kaplanhof gefunden werden.
Fledermausschutz in und an Gebäuden (Merkblatt) (PDF | 513 KB)
Projektendbericht Fledermauskartierung Linz 2022–2023 (PDF | 5,88 MB)
Eine kleine Sensation gelang den Fledermausforscher*innen der Koordinationsstelle für Fledermausschutz und -forschung in Österreich (KFFÖ) mit dem Erstnachweis der Alpenfledermaus (Hypsugo savii) für das Bundesland Oberösterreich.
Oberösterreich war bislang das einzige Bundesland, für welches die Art noch nicht belegt werden konnte. Der Nachweis kam daher nicht ganz unerwartet. Auch, dass die Alpenfledermaus im Stadtgebiet von Linz erstmals für Oberösterreich entdeckt wurde, spiegelt das Wissen über die Ökologie und Lebensweise dieser Art gut wider, denn die Art macht sich als ursprüngliche Felsenbewohnerin die Strukturen von Städten zu Nutze und findet hier einen idealen Sekundärlebensraum mit Ritzen und Spalten und offenen Bereichen für die Jagd.
Im Vergleich zu den vorangegangenen Untersuchungen wurden 2022–2023 deutlich mehr Fledermausarten für die Stadt Linz festgestellt. Dies ist auf die verbesserten Erfassungsmethoden und den erhöhten Umfang der Erhebungen zurückzuführen, außerdem wurden in den letzten Jahrzehnten neue Fledermausarten für Europa beschrieben, die durch genetische Bestimmungs-Methoden von ihren Zwillingsarten getrennt werden konnten und nun als eigene Arten gelten. Zudem kam es aufgrund der Klimaerwärmung zur Ausbreitung von Fledermausarten wie der Weißrandfledermaus (Pipistrellus kuhlii) und der Alpenfledermaus (Hypsugo savii). Dies führt jedoch zur Verdrängung weniger konkurrenzstarker Arten wie der Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus).
Mittels DNA-Analysen konnten in den Jahren 2022–2023 zahlreiche Nachweise der Japanischen Buschmücke (Aedes japonicus) im Kot von Fledermäusen erbracht werden. Vor allem Zwergfledermausarten erbeuten diese Stechmückenart, die als mögliche Überträgerin mehrerer Viren gilt. Es werden aber auch eine Vielzahl an heimischen Stechmückenarten und die invasive Kirschessigfliege (Drosophila suzukii) gefressen. Dies unterstreicht die Bedeutung von Fledermäusen als Prädatoren von Insekten, die als Vektoren für Krankheiten humanmedizinisch relevant werden können, veterinärmedizinisch bedeutsam sind oder als Schädlinge in der Landwirtschaft und im Forst in Erscheinung treten.
Fledermäuse sind in ganz Europa streng geschützt. Durch die Europäische Union ist der Schutz von Tieren, Pflanzen und Lebensräumen in der sogenannten „Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie“ geregelt, die auch in Österreich gilt. In Oberösterreich sind die Ziele dieser Richtlinie im Naturschutzgesetz niedergeschrieben. Für Fledermäuse bedeutet dies, dass sie unter strengem Schutz stehen. Trotz des hohen Schutzstatus sind von den 18 in Linz während der Untersuchung nachgewiesenen Arten fünf als gefährdet und die Wimperfledermaus (Myotis emarginatus) sogar als stark gefährdet eingestuft.
Der Hauptgrund für die Bestandsrückgänge ist die abnehmende Vielfalt der Landschaft! Weitere Gefahrenquellen für Fledermäuse sind die sinkende Zahl ungestörter Wochenstuben-Quartiere in und an Gebäuden, Windräder, Straßen- und Bahnverkehr, Insektensterben und bauliche Fallen an Gebäuden.
Sehr wirksame Maßnahmen zum Schutz der Fledermäuse sind der Quartiererhalt bzw. die Neuschaffung von Quartieren, in denen sie den Tag oder auch den Winter verbringen können. Ersatzquartiere in Form von Fledermausbrettern, -höhlen und Fassadenelementen werden gerne angenommen. Zusätzlich muss der umgebende Lebensraum eine fledermausfreundliche Habitatausstattung aufweisen.
In der Landwirtschaft wirken sich extensiv bewirtschaftete Flächen und Strukturelemente wie Hecken, Baumreihen, Raine sowie Obstwiesen positiv auf die Fledermausfauna aus. In Wäldern sollten Habitatbäume mit Höhlen, Rissen und abstehender Rinde belassen werden, da sie gerne als Quartier genutzt werden. Laubbäume und blütenreiche Waldsäume garantieren wiederum hohen Insektenreichtum. Auch die Anlage von Teichen unterstützt viele Fledermausarten wie die Wasserfledermaus (Myotis daubentonii), die gerne über der Wasseroberfläche jagt. Diese Maßnahmen können auch auf kommunalen Grünflächen umgesetzt werden.
- Wiese statt Rasen:
Wandeln Sie einen Teil Ihres Rasens in eine Blumenwiese um. Sie erfreuen sich an den bunten Blumen und die Fledermäuse am höheren Insektenangebot.
- Fledermausbeet:
Pflanzen Sie nachtblühende, duftende Pflanzen wie Borretsch (Borago officinalis), Rote Heckenkirsche (Lonicera xylosteum), Lichtnelken (Silene spp.), Lilien (Lilium spp.), Nachtkerze (Oenothera biennis), Nachtviole (Hesperis matronalis), Wilde Mondviole (Lunaria rediviva), um nachtaktive Insekten anzulocken.
- Garteln ohne Gift:
Verzichten Sie auf Insektizide und Pestizide.
- Sternenhimmel:
Genießen Sie den Sternenhimmel und verzichten Sie auf eine dauerhafte Beleuchtung des nächtlichen Gartens.
- Wasser im Garten:
Denken Sie an Wasserstellen aus denen Tiere gefahrenfrei trinken können oder legen Sie wenn möglich einen Teich an. Dieser zieht auch viele Insekten an und bietet den Fledermäusen einen reich gedeckten Tisch.
- Laubbäume und Sträucher:
Pflanzen Sie heimische Gehölze, gerne Obstbäume und Naschsträucher. Sie spenden in einigen Jahren nicht nur Schatten und versorgen Sie mit köstlichen Früchten, sondern erhöhen den Insektenreichtum im Garten.
- Alte Bäume:
Lassen Sie diese nach Möglichkeit stehen. Es haben sich vielleicht schon Höhlen gebildet oder es gibt Hohlräume unter abstehender Rinde, die von Fledermäusen als Quartier genutzt werden (können).
- Schwerpunktheft – ÖKO.L 46/3 (2024)
- Artikel im ÖKO.L-Heft 43/4 (2021) (PDF | 1.482 KB) SCHMOTZER I., REITER G.: Fledermausschutz in Oberösterreich
- Artikel im ÖKO.L-Heft 26/3 (2004) (PDF | 412 KB) REITER G.: Heimliche Nachtschwärmer – Fledermäuse in der Stadt Linz
- Artikel im Naturkundlichen Jahrbuch Stadt Linz 49 (2003) (PDF | 16,34 MB) REITER G., JERABEK M., HÜTTMEIR U.: Fledermäuse in der Stadt Linz
- Artikel im ÖKO.L-Heft 17/2 (1995) (PDF | 819 KB) ENGL K.: Fledermauskontrollen 1994 im Linzer Stadtgebiet
- Artikel im Naturkundlichen Jahrbuch der Stadt Linz 36 (1991) (PDF | 2.716 KB) ENGL K.: Beitrag zu Kenntnis der Fledermausfauna der Linzer Auwälder an Traun und Donau
- Artikel im ÖKO.L-Heft 12/1 (1990) (PDF | 1.028 KB) ENGL K.: Linzer Fledermauskartierungsbilanz 1989 und Grundzüge einer Schutzkonzeption
- Artikel im ÖKO.L-Heft 11/1 (1989) (PDF | 1.542) ENGL K.: Zwischenbilanz des Linzer Fledermausforschungsprogrammes 1985–1988
- Artikel im ÖKO.L-Heft 9/1 (1987) (PDF | 1.508 KB) ENGL K.: Zwischenbericht (1986) über den Stand des Forschungsprojektes „Linzer Fledermäuse"
- Artikel im ÖKO.L-Heft 8/1 (1986) (PDF | 1.508 KB) ENGL K.: Verschwinden die Fledermäuse aus der Linzer Stadtlandschaft?