Naturräume in Linz

Die Artenvielfalt in Städten übertrifft auf einer gleich großen Fläche die des Umlandes meist deutlich. Während als Ursachen für den Artenverlust in der Natur- und Kulturlandschaft die Habitatfragmentierung (Zerstückelung des Lebensraumes), die Vernichtung von Lebensräumen, die Intensivierung der Landwirtschaft und die hohen Mengen an Pestiziden zu sehen sind, geraten die urbanen Räume immer mehr als Hotspots der Diversität in den Fokus des Naturschutzes.

Finden zum Beispiel Wildbienen im Siedlungsbereich günstige Nahrungs- und Nistmöglichkeiten, können sie dort sogar bessere Lebensbedingungen vorfinden, als in der ausgeräumten Agrarlandschaft. Der Siedlungsraum ist durch die unterschiedliche Nutzung vielfältig strukturiert und weist daher eine Fülle verschiedener ökologischer Nischen auf.

Dasselbe gilt auch für viele Vogelarten, denn in Städten treffen kleinräumig viele verschiedene Biotope aufeinander wie sie in agrarisch genutzten Gebieten kaum zu finden sind. Der baumbestandene Park wird als Wald und Wiese, der Garten als Buschland und die Türme und Mauern werden als Felsen genutzt, komplettiert wird das Angebot durch vielfältige Gewässertypen.

Parks sind die am stärksten durch Menschen geprägten Grünräume in der Stadt, doch auch sie bieten einer Reihe von Tieren und Pflanzen Lebensraum, außerdem ermöglichen sie Erholung und Naturerfahrung in nächster Nähe zur Wohnumgebung.

Anzutreffen sind hier vor allem „Allerweltsarten“ (Ubiquisten) wie Stadttauben, Stockenten, Blässhühner, Eichhörnchen, Feldhasen und Igel. In naturnäheren Bereichen finden aber auch Spechte, verschiedene Singvögel, Eulen, Füchse und viele mehr Rückzugsräume. Auf extensiv gepflegten Flächen können sich Blumenwiesen oder Brachen etablieren. Dies führt zur Steigerung der Attraktivität der Flächen als Lebensraum. Grundsätzlich gilt, je naturnäher ein Park ist, desto artenreicher ist seine Tierwelt.

In Linz gibt es 51 Parkanlagen mit einer Fläche von rund 400 Hektar.

Blick auf Parkbank unter großem Baum im Bauernbergpark

Jeder Baum, ob im Park oder am Straßenrand prägt das Stadtbild und verbessert nachhaltig das Stadtklima durch Sauerstoffproduktion, Kohlendioxid- und Staubbindung. Er ist außerdem ein Schattenspender, der die heißen Sommertage erträglicher macht. Das ständige Verdunsten von Wasser über die Blätter erhöht die Luftfeuchtigkeit, sorgt für bessere Luft und kühlere Temperaturen. 

Die Erhaltung des Altbestandes ist dabei besonders wichtig, da junge Bäume lange Zeit brauchen, um die gleiche Klimaleistung wie alte Bäume zu erbringen. Alte Bäume müssen daher zum einen durch Baumpflege gesichert werden und zum andern muss man bei Bauprojekten darauf achten, den vorhandenen Baumbestand so weit als möglich zu schonen.

Stadtbäume müssen erheblichen Belastungen durch Abgase und Streusalz standhalten, zusätzlich sind die Baumscheiben oft verdichtet und werden als Hundetoilette benutzt. Das schädigt die Bäume und führt dazu, dass dieser Bereich von Wildtieren kaum genutzt werden kann. Bepflanzte Baumscheiben reduzieren diese Probleme und bereichern das Stadtbild.

Baumbestand entlang einer Straße

Friedhöfe haben sich zu wichtigen Lebensstätten für Tiere und Pflanzen in der Stadt entwickelt. Sie sind grüne Oasen der Ruhe und des Gedenkens und bieten allen Besuchern die Möglichkeit für eine gewisse Zeit dem Stress und der Hektik zu entfliehen. Diese „sanfte“ Nutzung und der oft alte Baumbestand machen Friedhöfe für viele Vogelarten attraktiv, aber auch Höhlenbewohner wie Siebenschläfer und Fledermäuse sind hier zu finden. Auf steinernen Grabmälern genießen Eidechsen gerne ihr Sonnenbad und Insekten schätzen das vielfältige Blütenangebot. Für mobile Tierarten stellen Friedhöfe wichtige Trittsteinbiotope dar, die ihnen das Vordringen in den städtischen Lebensraum erleichtern.

In den dichten Hecken von Liguster und Hainbuche finden Waldmäuse und Igel genügend Nahrung und Versteckmöglichkeiten. Gebüschbrüter wie Zilpzalp, Heckenbraunelle und Mönchsgrasmücke bauen hier ihre Nester und bodenbrütende Singvögel fühlen sich sicher im Schutz des Dickichts. Alter Baumbestand bietet Nistmöglichkeiten für Spechte und andere Höhlenbrüter. Außerdem sichert ein gewisser Totholzanteil das Überleben vieler holzbewohnender Insektenarten.

Die neun öffentlichen Friedhöfe der Stadt Linz erstrecken sich über mehr als 80 Hektar.

Blick auf ein Grab im Urnenfriedhof umgeben von Bäumen und Efeu

Brachflächen sind häufig sehr artenreich und haben ein kleinräumiges Mosaik unterschiedlicher Biotope sowie Standortverhältnisse. Die ungenutzten Flächen inmitten verbauter Gebiete bieten der Natur und den Menschen Freiräume. Sie sind eine kostengünstige Alternative zum Intensivgrün in der Stadt.

Als Brachen werden Flächen bezeichnet, die vorübergehend oder auch auf Dauer nicht bebaut oder anderweitig genutzt und gepflegt werden, beispielsweise alte Gleis- oder Industrieanlagen sowie Baulücken. Die dort spontan aufkommende, von niemandem gepflanzte oder gepflegte Vegetation zieht bald erste Tiere an und irgendwann kommen auch Bäume und Sträucher hinzu und schon ist sie entstanden, die kleine Wildnis mitten in der Stadt. Diese kleinen Wildnisflächen zeigen hervorragend, dass Natur nicht gehegt und gepflegt werden muss, um vielfältig zu sein. Durch ihre eigene Dynamik, ihre eigenen Regulationsmechanismen bringen diese Flächen stabile und interessante Stadtlandschaften hervor, die auch seltenen Arten Lebensraum bieten.

Das Nahrungsangebot ist für viele Insekten wie Bienen, Schmetterlinge und Heuschrecken das ganze Jahr hindurch sehr reichhaltig. Die dadurch entstehende, hohe Insektendichte lockt auch Vögel und Fledermäuse an. Selbst vom Aussterben bedrohte Tierarten wie die Wechselkröte sind gerade auf diese Flächen angewiesen.

Brachflächen bieten vor allem Kindern und Jugendlichen eine Vielzahl von Berührungsmöglichkeiten mit der Natur. Sie sind die eigentliche Natur in der Stadt und sollten im Rahmen der Stadtplanung mitberücksichtigt und teilweise erhalten werden.

Auf der Brachfläche zwischen Gebäuden steht hohes Gras, geschmückt mit weiß blühendem Berufskraut und Goldrute.

Gärten haben ein hohes Potenzial und eine äußerst wichtige Funktion zur ökologischen Vernetzung und Förderung der Biodiversität innerhalb des Siedlungsraumes. Ökologie, Funktionalität und Gestaltung des Gartens müssen dabei keine Gegensätze sein, sondern können sich im Idealfall ergänzen. 

Es gibt in Österreich über zwei Millionen Gärten, rund 1,3 Millionen Balkone und fast eine Million Terrassen, die jedoch häufig ungenutzt bleiben. Durch Begrünung gewinnt der städtische Raum an Lebensqualität. Das Stadtbild verbessert sich nicht nur optisch, Pflanzen, insbesondere Bäume und Sträucher, aber auch begrünte Fassaden und Dächer verbessern die Luftqualität und sorgen für angenehmere Sommertemperaturen. Stadtgärten fördern die Artenvielfalt.

Ob im Balkonkisterl, auf der Terrasse oder im Hausgarten standortgerechte, heimische Pflanzen sollten die Grundlage der privaten Grünraumgestaltung bilden. Abhängig von der zur Verfügung stehenden Fläche können das Wildblumenbeete oder – kistchen, eine Blumenwiese, Wildstrauchhecken oder große Bäume sein. Wilde Ecken, Trocken- und Feuchtbiotope sowie Nisthilfen sorgen dafür, dass die heimische Tierwelt nicht nur genügend Nahrung, sondern auch Nist- und Versteckmöglichkeiten im Garten vorfindet. Auf diese Weise werden sie mit ihren vielfältigen Kleinstrukturen und zu wichtigen Trittsteinbiotopen, die bei der Vernetzung von Lebensräumen eine enorme Rolle spielen.

Blick in einen klein strukturierten Garten

Städte und deren Gebäude sind zum Lebensraum von Mauersegler, Mehlschwalbe Turmfalke, Haustaube, Dohle, Schleiereule, Steinmarder und auch Fledermaus geworden. Eigentlich sind diese Tiere Bewohner von Felsen oder Baumhöhlen. Doch sie folgten dem Menschen in die Siedlungen, wo ihnen ähnliche Lebensräume zur Verfügung stehen. Einige dieser Arten kommen heute fast ausschließlich in Städten vor, wie beispielsweise der Mauersegler.

Aufgrund ihrer Lebensweise sind diese Tierarten auf Brutplätze und Rückzugsräume an Gebäuden angewiesen und nutzen diese Jahr für Jahr erneut, zum Teil über mehrere Jahrzehnte.

Durch Bautätigkeiten wie Wärmedämmung oder Dachausbauten werden bestehende Nistmöglichkeiten zerstört. Es sollte daher darauf geachtet werden, Einfluglöcher und Spalten für gebäudebewohnende Tiere zu erhalten oder aber Ersatzquartiere zu schaffen. Für Schwalben gibt es zum Beispiel künstliche Nester, die unter dem Dach montiert werden können. Darunter angebrachte Kotbretter schützen vor Verunreinigung.

Gebäude können jedoch noch auf andere Weise zum Lebensraum werden und zwar durch Fassaden- oder Dachbegrünungen. Speziell extensive Dachbegrünungen schaffen einen ökologischen Ausgleich für versiegelte Flächen, speichern Regenwasser, sorgen für Kühlung und verbessern auch die Luftqualität. Ganz nebenbei finden hier Wildbienen und Hummeln ein reiches Nahrungsangebot. Ganz ähnlich verhält es sich mit begrünten Fassaden. Die Blüten und Früchte der Pflanzen bieten Insekten und Vögeln Nahrung und auch eine Vielzahl an Nistmöglichkeiten.

Unter einem Dachvorsprung wurden bei der Sanierung eines Gebäudes Nisthilfen angebracht.

Etwa 1700 Hektar Wald umgeben Linz vom Haselgraben bis Asten und Hörsching wie ein Gürtel. Sie bilden die grüne Lunge der Stadt. Stadtwälder sind besonders wertvolle Rückzugsräume für eine Vielzahl von Tierarten und oft Standort besonders geschützter Pflanzen. Gleichzeitig übernehmen Stadtwälder eine Reihe von ökologischen Ausgleichsfunktionen wie die Verbesserung von Luft- und Klimawerten und die Wasserretention.

Eine Besonderheit sind die Traun-Donau-Auen im Süden von Linz. Das dortige 664 Hektar große Waldgebiet steht unter Naturschutz und genießt als Europaschutzgebiet einen hohen ökologischen Stellenwert. 

Aktuelle Herausforderungen für den Linzer Grüngürtel sind das im gesamten mitteleuropäischen Raum verbreitete Phänomen des Eschentriebsterbens sowie der Borkenkäferbefall bei Fichten. Um den Wald für die Zukunft erhalten zu können, werden die betroffenen Bäume gefällt und durch widerstandsfähige Baumarten wie Rotbuche, Hainbuche, Eiche, Vogelkirsche, Lärche und Douglasie ersetzt.

Größe Bäume unter denen Jungbäume nachwachsen

Donau und Traun prägen durch ihre Größe und die, sie zum Teil noch begleitenden, Auwälder das Bild von Linz. Zusammen mit den vielen kleineren Flüssen und Bächen bilden sie als lineare Ökosysteme nicht nur wichtige Lebensräume, sondern auch Korridore für Wildtiere und Pflanzen durch das Stadtgebiet. Auf Grund ihrer Längsausrichtung sind sie wie kein anderes Element des Naturraumes in der Lage Barrieren zu durchdringen.

Der Spannungsbereich zwischen Nutzung, Ökosystemleistung und Risiken von Gewässern ist im urbanen Raum allerdings meist groß, Hochwasserschutz, Erholung, Freizeitnutzung und die Funktion als Habitat für Tiere und Pflanzen sollen in Einklang gebracht werden. 

Diese Anforderungen stehen aber nicht unbedingt im Widerspruch miteinander, wie gelungene Renaturierungsprojekte am Weidingerbach, Tagerbach, Urfahraner Sammelgerinne, Wambach und am Schießstättenbach in Linz zeigen. Durch Aufweitung und Wiederherstellung eines natürlichen Bachbettes und Zulassen einer sich natürlich entwickelnden Fließrichtung wird nicht nur dem Hochwasserschutz genüge getan, sondern auch gleichzeitig der Lebensraum aufgewertet. Nebenbei erhöht sich die Attraktivität als Naherholungsgebiet.

Linz verfügt auch über vier Seen und eine große Anzahl an Kleingewässern im Stadtgebiet, die ebenfalls wertvolle und artenreiche Lebensräume darstellen. Im Winterhalbjahr werden diese von einer Vielzahl an Wasservögeln besucht, die hier die kalte Jahreszeit verbringen, ehe es zum Brüten wieder Richtung Norden geht. 

Der Erholungsfunktion von Gewässern kommt insbesondere in der Stadt große Bedeutung zu. Bach-, Fluss- und Seeufer werden mit Vorliebe zum Spazieren, Entspannen, Spielen und vielem mehr aufgesucht. Wasser wirkt beruhigend auf unsere Seele. Der Bach im Wohnviertel trägt wesentlich zur Identifikation und zur Unverwechselbarkeit des Wohnumfeldes bei. Besonders wichtig ist dieser Aspekt für Kinder, für die lebendiges Wasser immer etwas Magisches, Anziehendes darstellt.

Ein Bach plätschert durch den Wald