Wiesenkartierung in Linz

Selektive Kartierung von Wiesenflächen und Bachbegleitgrün in der Landeshauptstadt Linz

Die Stadt Linz hat im Jahr 2024 eine umfassende Kartierung von stadteigenen Wiesenflächen und Bachbegleitgrün beauftragt – mit erfreulichen und zugleich alarmierenden Ergebnissen. 

Zahlreiche artenreiche Biotope wurden dabei identifiziert, darunter auch Lebensräume mit Vorkommen bedrohter Pflanzenarten. Sehr artenreiche Flächen sind nicht nur Rückzugsorte für Insekten, Vögel und Kleintiere, sondern leisten auch einen Beitrag zum Klimaschutz, zur Wasserspeicherung und zur Verschönerung des Stadtbildes. Sie sollen deshalb besonders geschützt werden.

Ziel der Kartierung von Wiesenflächen und Bachbegleitgrün war es, die natürlichen Gegebenheiten im Stadtgebiet von Linz zu erfassen. Diese Informationen bilden die Grundlage für die Planung von Pflegemaßnahmen, um wertvolle Grünflächen und Uferbereiche zu erhalten oder weiterzuentwickeln. So soll die biologische Vielfalt in Linz langfristig gesichert und verbessert werden.

321 Teilflächen untersucht – 37 Aufwertungsflächen mit hohem Potenzial

Der Magistrat der Stadt Linz pflegt insgesamt 350 ha an Grünflächen, davon entfallen etwa 30 ha auf Bachbegleitgrün. Circa 55 ha werden als Mähwiesen bewirtschaftet, 25 ha direkt vom Geschäftsbereich Stadtgrün und Straßenbetreuung und etwa 30 ha in Fremdvergabe. Bei den restlichen 270 ha handelt es sich um Parkflächen, Wiesenrandstreifen, Wiesen in und um städtische Schulen und Kindergärten, aber auch um Böschungen entlang von Straßen und Wegen.

Im Zuge einer systematischen Erhebung untersuchte das Unternehmen E.C.O. – Institut für Ökologie aus Klagenfurt insgesamt 122,7 ha Wiesen und Bachbegleitgrün im Stadtgebiet. Es wurden 134 Wiesenstandorte (321 Teilflächen) besucht und auf 110 Flächen Artinventare erstellt. Diese Flächen wurden als „Biotope“ definiert, auf Gefährdungen hin bewertet und Pflegeempfehlungen formuliert.

In 37 sogenannten Potenzialbiotopen soll nun durch gezielte Anpassungen in der Pflege die Artenvielfalt deutlich gesteigert werden.

73,5 ha wurden als FFH-Lebensraumtypen, die durch die Flora-Fauna-Habitatrichtlinie der EU geschützt sind, identifiziert. Dazu zählen: 

  • Magere Flachland-Mähwiesen mit blütenreichen Kräutern wie Margerite (Leucanthemum vulgare) und Kuckucks-Lichtnelke (Lychnis flos-cuculi) (64,3 ha)
  • Kalk-Trockenrasen als Lebensraum für Eidechsen, Schmetterlinge und Wildbienen (8,5 ha)
  • Flüsse mit Schlammbänken, die dynamische Lebensräume für spezialisierte Arten wie den Flussregenpfeifer (Charadrius dubius) bieten (0,7 ha).

Insgesamt wurden über 320 verschiedene Gefäßpflanzenarten dokumentiert, darunter 51 Arten der Roten Liste Oberösterreichs – etwa die Kornrade (Agrostemma githago) oder die Gewöhnliche Kuhschelle (Pulsatilla vulgaris), die österreichweit als vom Aussterben bedroht gelten. Ebenso fanden sich stark gefährdete Arten wie der Kriechende Hauhechel (Ononis repens) und der Große Ehrenpreis (Veronica teucrium). Auch seltene Wiesenarten wie Zittergras (Briza media), Aufrechte Trespe (Bromus erectus) oder Rispen-Flockenblume (Centaurea stoebe) wurden festgestellt.

Besonders wertvolle Standorte befinden sich im Stadtgebiet entlang der Hochwasser-Schutzdämme, auf dem Segelflugplatz (artenreiche Magerwiesen mit geringer Nutzung), beim Waldlehrpfad Auhof und dem Kreuzweg Ebelsberg (Lebensräume für die seltenen Wiesenknopf-Ameisenbläulinge) sowie im Ziegeleipark, im Arboretum und im Harbachpark (strukturreiche, extensiv gepflegte Wiesen mit hoher ökologischer Bedeutung).

Gezielte Pflege statt Perfektion: Weniger ist mehr

Ein zentrales Ergebnis: Die Art der Pflege entscheidet über den ökologischen Wert. Häufig gemähte und gedüngte Rasenflächen sind arm an Pflanzenarten und bieten dadurch kaum Lebensraum für Tiere. Extensiv genutzte Wiesen, die nur ein- bis zweimal pro Jahr gemäht werden, ermöglichen demgegenüber eine vielfältige Pflanzenentwicklung, besonders auf mageren Standorten wie den Hochwasserschutzdämmen an Traun und Donau.

Mit den nun vorliegenden Ergebnissen und entsprechend aktualisierten Pflegeplänen kann die Stadt verstärkt Maßnahmen für den Erhalt und zur Förderung besonders wertvoller Flächen setzen, mit dem Ziel, Linz als blühende, lebenswerte Stadt mit hoher biologischer Vielfalt weiterzuentwickeln – ganz im Sinne einer klimaangepassten, nachhaltigen Stadtgestaltung.

Empfehlungen zur Mahd wertvoller Wiesenbestände

Bei jeder Mahd sollten Teile der Vegetation stehengelassen werden. Damit haben Insekten die Möglichkeit, in den ungemähten Teil umzuziehen und dort zu überleben. Es empfiehlt sich, zeitversetzt zu mähen – zum Beispiel erst eine Straßenseite und nach ein paar Wochen, sobald die erstgemähte Fläche wieder nachgewachsen ist, die zweite. Noch besser ist es, Abschnitte stehenzulassen, um den Lebensraum der Insekten bis ins Folgejahr zu erhalten und Eier, Raupen sowie überwinternde Tiere zu schonen.

Als besonders tierschonend hat sich die Mahd mit Balkenmähern herausgestellt. Durch das horizontal liegende Schneidwerk und die geringe Mähgeschwindigkeit werden die Tiere kaum geschädigt. Auch für die Pflanzen ist die Scherentechnik von Vorteil. Sie erholen sich nach dem Schnitt besser und wachsen danach schneller. Sofern ein Einwehen auf die Fahrbahn ausgeschlossen werden kann, sollte das Mahdgut einen Tag liegengelassen werden, um den Insekten Zeit zum Umzug zu geben.

Rund um Mittag ist aus tierökologischer Perspektive die beste Tageszeit, um zu mähen. Besonders bei sonnigem Wetter sind die Insekten dann am mobilsten und können den Geräten am besten ausweichen. Dieser Aspekt muss allerdings mit der Arbeitssicherheit (Stichwort Belastung durch Überhitzung) in Einklang gebracht werden.

Um eine Vergrasung der Bestände zu verhindern, sollte eine Mahd mindestens zweimal jährlich erfolgen. Das Mähgut ist jedenfalls von der Fläche zu entfernen, um eine weitere Nährstoffmobilisierung zu verhindern.

artenarme Wiese, im Hintergrund ein Gebäude und Bäume

Die ideale erste Mahd findet während der Hauptblütezeit der Gräser zwischen Anfang Juni und Mitte Juli statt. Es sollte erst dann gemäht werden, wenn die Pflanzen bereits ausgesamt haben. Nur so blühen sie auch im nächsten Jahr. Die zweite Mahd erfolgt etwa drei Monate später. Auf nährstoffarmen Böden genügt oft eine einzige Mahd im Herbst oder besser noch im darauffolgenden Frühjahr. Das Mähgut ist auf jeden Fall von der Fläche zu entfernen, da sich ansonsten im Boden Nährstoffe anreichern, die konkurrenzstarke Pflanzen begünstigen und seltene verdrängen.

Wiese mit Glockenblumen

Bei geringem Aufwuchs ist nur eine einmalige Mahd mit Abräumen des Mähgutes nötig, eventuell ist ein zweijähriger Rhythmus ausreichend. Alternierende Brachen können angelegt werden: Teilbereiche bleiben länger als ein Jahr stehen und werden erst im Folgejahr gemäht. Diese Flächen ändern sich von Jahr zu Jahr.

Dieses sehr extensive Pflegeregime muss jedoch mit einer regelmäßigen Kontrolle der Entwicklung der Flächen einhergehen und kann nur dann erfolgen, wenn keine Störungszeiger (konkurrenzstarke Arten oder solche die zum Beispiel Stickstoff im Boden anreichern) oder Neophyten in der Fläche vorhanden sind. Ansonsten kann dieser fehlende Nutzungsdruck deren Ausbreitung fördern und ein nur schwer zu behebender Schaden entstehen. 

Wiesenböschung mit hoher Pflanzenvielfalt

Magere Saumbereiche im Übergang von Gehölzstrukturen zu Grünflächen stellen als Ökotone (Übergangsbereiche) ökologisch besonders wertvolle Lebensräume für viele Tierarten dar und sollten, wenn möglich, nur bei Bedarf (also wenn ein Vorrücken der Gehölze zu erwarten ist) bzw. alle 2–3 Jahre im frühen Frühjahr gemäht werden.

Artenreiche Wiese im Übergang zum Gehölzbestand

  • Berufkraut (Erigeron annus
    Mahd oder Ausreißen der Pflanzen spätestens vor der Blütenbildung, da die Samenbildung sehr rasch erfolgt.
     
  • Ambrosia (Ambrosia artemisiifolia
    Mahd oder Ausreißen der Pflanzen spätestens vor der Blütenbildung, da die Samenbildung sehr rasch erfolgt.
     
  • Drüsiges Springkraut (Impatiens glandulifera
    Mahd oder Ausreißen der Pflanzen spätestens vor der Blütenbildung, da die Samenbildung sehr rasch erfolgt.
     
  • Goldrute (Solidago spp.
    Ausgraben der Rhizome oder häufige Mahd der betroffenen Bereiche (> 5–6 Mal pro Jahr), bei sehr starkem Auftreten -> Entfernen des Oberbodens oder Abdecken mit Folie 
     
  • Götterbaum (Ailanthus altissimus
    Ringeln (ein mehrere Zentimeter breiter Streifen der Rinde und des Kambiums wird im Juli/August ringförmig entfernt) am unteren Teil des Stammes des Baumes, um so die Wurzeln der Pflanzen auszuhungern und die Bildung von Wurzelbrut zu vermeiden. Junge Exemplare können noch entfernt werden. Bei großflächigerem Befall kann der Einsatz von dem spezifischen Mittel „Ailantex“ helfen. 
     
  • Robinie (Robinia pseudacacia
    Ringeln (eine mehrere Zentimeter breiter Streifen der Rinde und des Kambiums wird Im Juli/August ringförmig entfernt) am unteren Teil des Stammes des Baumes, um so die Wurzeln der Pflanzen auszuhungern und die Bildung von Wurzelbrut zu vermeiden. Junge Exemplare können noch entfernt werden.
     
  • Staudenknöterich (Fallopia spp.
    Ausgraben der Rhizome oder häufige Mahd der betroffenen Bereiche (> 5–6 Mal pro Jahr), bei sehr starkem Auftreten -> Entfernen des Oberbodens oder Abdecken mit Folie

Japanischer Staudenknöterich auf Acker

  • Weiche Trespe (Bromus hordeaceus
    Eine frühe Mahd vor der Samenbildung kann die Art effektiv zurückdrängen, da es sich um eine einjährige Pflanze handelt. Mähen mit höherer Schnitthöhe sowie Schließung der offenen Bodenbereiche durch Einsaat von Magerwiesenmischungen kann helfen, die Keimbedingungen für diese Art zu verschlechtern. 
     
  • Borstenhirse (Setaria spp.
    Mähen mit höherer Schnitthöhe sowie Schließung der offenen Bodenbereiche durch Einsaat von Magerwiesenmischungen kann helfen, die Keimbedingungen für diese Art zu verschlechtern. 
     
  • Brombeere/Kratzbeere (Rubus ssp.
    Ausgraben der Rhizome oder häufige Mahd der betroffenen Bereiche (> 5–6 Mal pro Jahr), bei besonders starkem Auftreten -> Entfernen des Oberbodens oder Abdecken

Ein Kratzbeerenbestand wurde hier entfernt.

Die Wiesenkartierung 2024 in Zahlen

  • 350 ha Grünflächen, inklusive 30 ha Bachbegleitgrün werden vom Magistrat Linz gepflegt.
  • 55 ha sind Mähwiesen – 25 ha in Eigenpflege, 30 ha in Fremdvergabe.
  • 270 ha sind Parkflächen, Wiesenrandstreifen, Böschungen, Grünflächen in Schulen und Kindergärten.
  • 122,7 ha wurden im Zuge der Wiesenkartierung genau untersucht.
  • 134 Wiesenstandorte in 321 Teilflächen wurden besucht.
  • Für 110 Flächen wurden Arteninventare erstellt und Pflegeempfehlungen formuliert.
  • 37 Aufwertungsflächen mit hohem Potential wurden ausgewiesen.
  • 322 Gefäßpflanzenarten wurden erhoben, von denen sich 49 auf der Roten Liste Österreichs befinden.

Weiterführende Informationen:

Den Endbericht zur Wiesenkartierung 2024 finden Sie hier:
Selektive Kartierung von Wiesenflächen und Bachbegleitgrün in der Landeshauptstadt Linz (PDF | 13.899 KB)

Mit einem Artikel im ÖKO.L-Heft 3/2025 wurde bereits über das Projekt berichtet:
Stadtgrün: Grün ist nicht gleich Grün – Wiesenkartierung in Linz 2024 (PDF | 6.069 KB)