Tapezierspinnen – Kleine Verwandte der Vogelspinnen
Männchen der Pechschwarzen Tapezierspinne (Atypus piceus) mit beeindruckenden Giftklauen.
Seltener Fund eines Tapezierspinnenmännchens in einem Garten in der Nähe von Linz.
Das Wort „Vogelspinne“ lässt viele Menschen sicher sofort an sehr große, stark behaarte Spinnen aus Mittel- und Südamerika oder Südostasien denken. Es gibt aber auch bei uns in Österreich drei Arten von Vogelspinnenverwandten. Sie gehören zur Familie der Tapezierspinnen (Atypidae). Normalerweise leben sie in Röhren in der Erde sowie in oberirdisch aus Spinnseide gefertigten Schläuchen, weshalb man sie nur selten zu Gesicht bekommt. Sollten sie sich jedoch einmal blicken lassen, ist ihre Erscheinung trotz ihrer Körpergröße von maximal 1,5 Zentimetern durch die großen Giftklauen durchaus imposant.
Leugnen ist zwecklos
Tapezierspinnen zeigen ihre Zugehörigkeit zur Familie der Vogelspinnen zum einen an der Stellung der Cheliceren (Giftklauen) und zum anderen durch ihre heimliche Lebensweise. Die Giftklauen sind wie bei ihren größeren Verwandten parallel nach vorne gerichtet, wobei das zweite Glied nach unten eingeklappt wird. Diese Klauenstellung bezeichnet man als orthognath. Bei höher entwickelten Webspinnen sind die Cheliceren nach innen gedreht, sodass sie zangenartig geöffnet werden können - labidognath.
Die Vertreter der Familie der Atypidae bauen alle unterirische, senkrecht angelegte Wohnschläuche, die mit Spinnseide ausgekleidet werden. An diese schließt ein waagrechter, oberirdischer Fangschlauch an, indem sich die Spinne tagsüber aufhält. Darin wartet sie, bis ein Beutetier – zum Beispiel ein Käfer oder eine Assel – über den Schlauch läuft. Bemerkt sie eine Bewegung, eilt sie blitzschnell zu dieser Stelle, packt das Tier von Innen und beißt zu. Die durch den Giftbiss gelähmte Beute zerrt sie in den Wohnbereich, wo sie anschließend verspeist wird. Das entstandene Loch im Fangschlauch wird sofort wieder geschlossen.
Die Spinnseide ist übrigens antibakteriell, wird von Mikroorganismen nicht zersetzt und verfault nicht. Man findet Fangschläuche auch noch Jahrzehnte nach dem Tod der Spinne. Diese antibakterielle Wirkung war schon unseren Vorfahren bekannt. Atypus-Schläuche wurden daher sehr bewusst ausgegraben und in der Volksmedizin als heilungsfördernde Wundauflagen verwendet.
Sehr standorttreu
Auch wenn die Spinne ihre Beute recht schnell packt, ist sie insgesamt wenig mobil und verbringt fast ihr ganzes Leben in ihrer Röhre und das kann bei Weibchen bis zu zehn Jahre sein. Nur die Männchen verlassen im Spätsommer ihre Schläuche, um sich eine Partnerin zu suchen. Die Jungen schlüpfen noch im gleichen Jahr, bleiben aber bis zum März im Schlauch der Mutter. Danach klettern sie auf Pflanzen in der Nähe und lassen sich per Fadenfloß von der Thermik zu neuen Habitaten davontragen.
Bisse der Tapezierspinnen können zwar schmerzhaft sein, sind aber nicht gefährlich und auf Grund der verborgenen Lebensweise äußerst selten. Am ehesten könnten sie passieren, wenn man mit den Händen am oder im Boden gräbt.
Warm und trocken
Alle drei heimischen Arten, die Gewöhnliche Tapezierspinne (Atypus affinis), die Pechschwarze Tapezierspinne (Atpyus piceus) und die Mauertapezierspinne (Atypus muralis) sind wärmeliebend und brauchen trockene Stellen mit nur lückigem Pflanzenbewuchs als Lebensraum. Solche Bereiche sind jedoch selten geworden, weshalb auch die Individuenzahlen der Tapezierspinnen abnehmen. Es ist daher sehr schön, dass es trotz allem immer wieder Beobachtungen gibt, wie eine Anfrage aus Haid an die Naturkundliche Station der Stadt Linz im Juli 2020 beweist.