Herbstzeitlose – Giftige Schönheit

Wer im Herbst durch Wiesen und Auwälder streift, entdeckt dort allenthalben leuchtend rosa blühende Pflanzen, die durch ihre Blütenform stark an Krokusse erinnern, mit diesen jedoch nur sehr weitschichtig verwandt sind. Es sind die Herbstzeitlosen (Colchicum autumnale), die ihre Blüten aus der Erde stecken, Blätter und Früchte werden jedoch erst im kommenden Frühjahr zum Vorschein kommen. Ihrem aus der Zeit gefallenen Lebenszyklus verdanken sie auch ihren Namen. Erfreuen sollte man sich aber nur an ihrem Anblick, sie abzupflücken, ist nicht ratsam, handelt es sich doch um eine, der giftigsten heimischen Pflanzenarten.

Außergewöhnlicher Lebenszyklus

Vom Spätsommer bis in den Herbst hinein erscheinen direkt aus den Zwiebeln (Sprossknollen) die rosa-lila gefärbten sechszipfeligen Blütenhüllblätter. Der vermeintliche Stängel der Blüte wird ebenfalls von den nach unten hin zu einer Röhre verwachsen Blütenblätter gebildet und führt zum Fruchtknoten, der gut geschützt in der Erde liegt. Aus diesem entwickelt sich, nach der Bestäubung durch Insekten, im Frühsommer eine Kapselfrucht, die zusammen mit den Blättern erscheint.

Während der Blütezeit sind die Pflanzen blattlos. Dieser Tatsache verdankt die Herbstzeitlose übrigens auch ihren charmanten englischen Namen "Naked Ladies".

Achtung! Verwechslungsgefahr mit den Blättern des Bärlauchs

Die Herbstzeitlose ist eine Giftpflanze, die in all ihren Pflanzenteilen das Alkaloid Colchicin enthält, das schon in geringen Mengen lebensbedrohlich ist und zum Tod durch Kreislaufversagen oder Atemlähmung führen kann.
Leider kommt es immer wieder vor, dass im Frühling die Blätter der Herbstzeitlosen mit den ähnlich aussehenden Blättern des Bärlauchs (Allium ursinum) verwechselt werden, zumal die Pflanzen in der Natur oft an denselben Standorten wachsen. Betrachtet man die Blätter jedoch genau, lassen sie sich gut unterscheiden. Bei der Herbstzeitlose sind immer mehrere Blätter am gleichen Stiel, die den Stängel auch umfassen. Sie sind steif, gummiartig und brechen nicht, wenn man sie biegt, außerdem ist die Spitze kahnförmig. Bärlauchblätter hingegen sind immer einzeln am Stängel, eher dünn und verbreitern sich zur Mitte hin stärker. Sie knicken leicht ab, wenn man sie biegt.

Ein weiteres Merkmal von Bärlauch ist der starke Knoblauchgeruch der Blätter. Dieses Charakteristikum ist jedoch mit Vorsicht zu genießen, da beim Sammeln die Finger schon nach kurzer Zeit stark nach Knoblauch riechen, sodass geruchslose Blätter nur mehr schwer erkannt werden.

Gift- und Heilpflanze

Schon Dioscurides beschrieb im 1. Jahrhundert nach Christus Colchicum-Arten, warnte jedoch vor der innerlichen Anwendung wegen der Giftigkeit der Pflanze. Eher dürfte der Wirkstoff zu Giftmorden benutzt worden sein. Im Mittelalter nutzte man Herbstzeitlosenpulver zur äußerlichen Behandlung von geschwürig zerfallenden Hauttumoren. Als Heilmittel gegen Pest, wenn auch ohne den gewünschten Erfolg, wurden die unterirdischen Pflanzenteile um den Hals getragen.

In der heutigen Zeit hat Colchicin einen hohen Stellenwert in der Behandlung der akuten Gicht (Podagra). Homöopathisch wird, der aus den Zwiebelknollen gewonnene Wirkstoff bei Gicht, Gastroenteritis, Rheuma, Katarakt, Perikarditis und Schwangerschaftsübelkeit verabreicht.

Eine wichtige Rolle spielt das Colchicin auch in der Pflanzenzucht. Während der Zellteilung hemmt es die Bildung des sogenannten Spindelapparats, der die Chromosomen trennt. Daher lässt sich mit einer Colchicin-Behandlung der Chromosomensatz einer Pflanze vervielfachen. Dies führt beispielsweise bei vielen Blütenpflanzen zur Bildung größerer Blüten und sorgt bei Obstgehölzen und Getreide für größere Früchte und Samen.

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