Frostspanner – ein Falter, der aus der Kälte kommt

Schmetterlinge im Winter? Gibt es denn sowas? Fast alle unsere einheimischen Schmetterlinge sind zwar im Winter inaktiv und begeben sich in einem ihrer Entwicklungsstadien, meist als Ei, Raupe oder Puppe in Winterstarre. Bei manchen Arten wie dem Kleinen Fuchs oder dem Zitronenfalter überwintern die erwachsenen Tiere. Aber es gibt sie, Schmetterlinge, die bei frostigen Temperaturen erst so richtig auf Touren kommen und deren Männchen sich auf „Freiersflügeln“ kilometerweit zu den begehrten Weibchen aufmachen. Diese sitzen in den Baumkronen und weisen ihnen mit verführerischen Sexuallockstoffen, den sogenannten Pheromonen den Weg. Es sind der Kleine und der Große Frostspanner. Bei Gärtnern sind sie nicht immer beliebt, da sich die Raupen gerne an Obstgehölzen gütlich tun und dabei schon mal ganze Bäume kahl fressen können. In der Regel verkraftet der Baum das aber.

Eine Generation pro Jahr

Beide Frostspanner-Arten bilden nur eine Generation im Jahr aus. Die grün gefärbten Raupen des Kleinen Frostspanners (Operopthera brumata) erscheinen bereits Anfang April. Sie sind polyphag (haben ein breites Nahrungsspektrum) und fressen an Schlehe, Haselnuss, Linde, Weide und Apfel. Die jungen Raupen schützen sich mit einem Gespinst vor Fressfeinden. Die Verpuppung erfolgt im Erdboden. Ab Anfang November schlüpfen die fertigen Falter aus den Puppen. Die unauffällig graubraunen Männchen mit einer Spannweite von nur rund zweieinhalb Zentimetern finden man im Spätherbst öfters auch an Hauswänden sitzend.

Farblich variabler präsentiert sich der Große Frostspanner (Erannis defolaria). Rund einen Monat nach den kleinen Verwandten schlüpfen seine gelb und braun gemusterten Raupen, die ihren Speiseplan noch um Eichen und Hainbuchen ergänzen. Die Falter wiederum erscheinen rund einen Monat vor dem Kleinen Frostspanner. Die hellbraun mit Querbinden gemusterten Männchen haben eine Spannweite von drei bis vier Zentimetern.

Kälte schützt vor Konkurrenz und Fressfeinden

Die Falter nutzen für die Paarung die kalte Jahreszeit, die ihnen Feinde und Duftkonkurrenz erspart. Während sich Fledermäuse und Igel im Winterquartier aufhalten, können sie keine Nachtfalter fressen. Andere Insektenjäger wie die Schwalben verbringen den Winter lieber in südlichen Gefilden. Freie Bahn also für die Frostspanner. Diese kleinen Falter zeichnen sich allerdings noch durch eine weitere Besonderheit, einen stark ausgeprägten Geschlechtsdimorphismus aus. Weibliche Falter sind im Gegensatz zu den Männchen flügellos, zum Anlocken der Männchen klettern sie gerne Obstbäume hoch und senden ihre Pheromone aus, die von den Männchen auch noch aus einigen Kilometern Entfernung wahrgenommen werden können.

Nach der Paarung legt das Weibchen winzige Eier in Rindenritzen ab. Dort schlüpfen die Raupen im Frühjahr pünktlich zum Blattaustrieb. Die flügellosen Frostspanner-Weibchen können nicht allzu weit krabbeln, weshalb die Raupen für die Verbreitung der Art sorgen. Ähnlich wie die Spinnen im Altweibersommer produzieren sie in den ersten Lebenstagen einen Flugfaden, mit dem der Wind sie zu neuen Nahrungsquellen treibt. Während die erwachsenen Falter, deren Mundwerkzeuge verkümmert sind in ihrem kurzen Leben keine Nahrung mehr aufnehmen, haben die Raupen dafür umso mehr Appetit. Die grünen Raupen des Kleinen Frostspanners können ganze Bäume kahl fressen und in Obstplantagen ziemlichen Schaden anrichten. Die Bäume treiben jedoch wieder aus, für sie ist der Kahlfraß wie für uns ein lästiger Schnupfen.

Mit Gift sollte man diesen außergewöhnlichen Faltern nicht zu Leibe rücken, denn in einem naturnahen Garten braucht man ja auch Nahrung für die Vögel. Für Meisen sind die leicht zu erbeutenden Raupen die ideale Babynahrung.

Wenn Ihnen diese Schmetterlinge oder auch andere Tiere auf Ihren Spaziergängen oder in Ihrem Garten in Linz vor die Linse kommen, melden Sie diese doch im Rahmen des Projektes „Linz tierisch“.

Linz tierisch – Infos und Tipps der Naturkundlichen Station