Dreh doch mal das Licht ab!
Lichtsmog und seine Auswirkungen auf Tier und Mensch

in der Nacht beleuchtete Häuserfassade

Wann haben Sie das letzte Mal einen beindruckenden Sternenhimmel erlebt? Vielleicht im Urlaub auf einer einsamen Hütte? In einer Stadt wohl kaum, denn dunkle Nachthimmel sind eine Seltenheit geworden. In größeren Städten ist es mittlerweile so hell, dass eine Neumond- von einer Vollmondnacht nicht mehr unterscheidbar ist. Die stetig wachsende Lichterflut verwehrt uns zunehmend den Blick auf die fantastischen Himmelskörper. Doch das ist nur die Spitze des Eisberges! Nachtfalter und andere nachtaktive Insekten benötigen die Dunkelheit zur Futter- und Partnersuche. Zwei Drittel aller Zugvögel sind nachts unterwegs und werden durch den Lichtsmog von ihrem Kurs abgelenkt. Doch auch auf uns Menschen hat die ständige „Beleuchtung“ große Auswirkungen: sie kann zum Beispiel zu Schlafstörungen oder einem erhöhten Stresslevel führen.

Tierwelt

Alles Leben auf der Erde wird durch den Wechsel von Licht und Dunkelheit bedingt und alle Organismen haben sich auf diesen Rhythmus in irgendeiner Form eingestellt. Findet dieser Wechsel nicht oder nur mehr kaum merklich statt, geraten die Aktivitätsmuster durcheinander. Gerade intensive Beleuchtungen von Wohngebieten in Stadtrandlage, Industriegebieten, Freizeitanlagen, Skipisten und Rodelbahnen verdrängen Tiere immer weiter in die kleiner werdenden Dunkelgebiete. Der Aktionsradius wird eingeschränkt und Räuber-Beute Beziehungen verändern sich. Das Abwandern und Aussterben von Arten droht.

Zugvögel sind mehrheitlich in der Dämmerung und nachts unterwegs und orientieren sich dabei am Mond und den Sternen. Durch die künstliche Beleuchtung werden sie abgelenkt, kommen von ihrer Route ab und können mit den beleuchteten Gebäuden oder anderen Vögel in diesen Lichtkegeln kollidieren und sterben. Eine Desorientierung führt zu einem längeren Aufenthalt im Rastgebiet und zu einer späteren Ankunft im Brutgebiet. Auch Gartenbeleuchtung ist für Vögel sehr irritierend, da sie die Zeiten des Vogelgesangs und der Brut verschiebt.

Nachaktive Insekten werden von zu heller Beleuchtung in der Nacht besonders beeinflusst, verschwinden die Sterne, so orientieren sie sich fälschlicherweise an den künstlichen Lichtquellen. Millionen von Insekten sterben so jedes Jahr beim Anprall an Leuchtkörper durch Verletzungen oder zu Grunde gehen. Dies führt zu einer Verschiebung des Nahrungsangebots innerhalb von Ökosystemen und zu fehlender Bestäubungsleistung, was weitreichende Folgen für Tier- und Pflanzenartenarten hat, die davon abhängig sind.

Auswirkungen auf den Menschen

Wir Menschen besitzen ebenfalls einen ausgeprägten Tag-Nacht-Rhythmus, der durch zu viel künstliches Licht massiv gestört wird. Das Hormon Melatonin steuert diesen und beeinflusst fast alle Körperfunktionen. Es kann jedoch nur bei Dunkelheit gebildet werden. Ausreichend Melatonin ist wichtig für einen gesunden Schlaf und ein starkes Immunsystem. Sind wir während der Nachtstunden dauerhaft künstlichem Licht ausgesetzt, wird die Melatoninproduktion gestört, gesundheitliche Probleme wie Erschöpfung, Schlafstörungen und ein erhöhter Stresspegel sind die Folge. Auch die Entwicklung von Stoffwechselstörungen kann auf eine verminderte Melatoninproduktion zurück zu führen sein. 

Licht aus oder doch nicht?

Natürlich ist die künstliche Beleuchtung in der Nacht mittlerweile nicht mehr aus unserem Leben wegzudenken und schon allein auf Grund der Verkehrssicherheit notwendig. Es sollte jedoch das „richtige“ Licht sein, das Sehen in der Dunkelheit ermöglicht, die Umwelt nicht unnötig erhellt, die Tierwelt nicht beeinträchtigt, energieeffizient ist und das Klima schont. Die Beleuchtung soll zielgerichtet, ohne seitliche und nach oben gerichtete Streuung sein. Kaltweißes Licht streut besonders stark und ist durch seine hohen Blauanteile ein Magnet für Insekten mit all seinen negativen Auswirkungen. Es stört außerdem erwiesenermaßen die Melatoninproduktion. Warmweißes Licht (zwischen 1.800 und 3.000 Kelvin) blendet weniger und hat auch geringere Auswirkungen auf die Tierwelt.

Entscheidend ist auch ein bedarfsorientierter Einsatz von Licht. Die Intensität sollte so gering wie möglich sein. Straßenbeleuchtung kann im Laufe der Nacht gedimmt, beziehungsweise abgesenkt werden. Andere nötige Beleuchtung sollte mittels Bewegungssensor auf die Bedarfszeit reduziert werden. Auf unnötige Beleuchtung wie Werbung und Objektbestrahlung sollte verzichtet werden.

In den letzten Jahren ist es leider in Mode gekommen, auch Privathäuser mit einer starken Außenbestrahlung zu versehen und sie wie Prunkgebäude in Szene zu setzen und das oft die ganze Nacht lang. Liebe Hausbesitzer! Löschen Sie doch zumindest um 22:00 Uhr das Licht! Das schont die Geldbörse und erhält die gute Nachbarschaft mit Mensch und Tier.

Im Linzer Stadtteil „Grüne Mitte“ wurde bereits ein neues Lichtkonzept installiert, dass innovative LED-Leuchtmittel verwendet, deren Intensität bedarfsorientiert geregelt werden kann.